VIAGRA FÜRS VOLK

Die alten Männer auf der Tribüne vergaßen ihre Gicht und ihr Rheuma, vergaßen ihre Arthritis und ihre Arthrosen.

FC Bayern – VfL Wolfsburg 6:0 (2:0)

München, Allianz Arena, 09.03.2019

Die alten Männer auf der Tribüne vergaßen ihre Gicht und ihr Rheuma, vergaßen ihre Arthritis und ihre Arthrosen. Sie sprangen jubelnd in die Höhe wie Youngster, umarmten sich hüpfend, stießen ihre Rollatoren die Tribünen-Treppen der Allianz Arena hinab, so dass diese auf ihrer Reise zum grünen Rasen hinab zerbarsten, einer nach dem anderen, doch egal, egal in dieser Minute. Sie schleuderten ihre Potenzmittel Richtung der Ränge – Viagra fürs Volk! – denn sie wussten: Heute, am Abend nach diesem Spiel, würden sie keine Stehhilfen benötigen, denn nun war alles wie früher. Wie jenes Früher, da der FC Bayern einst zu verschiedensten Gelegenheiten mit differenziertesten Husarenstreichen jeweils die Tabellenspitze der Bundesliga erobert hatte.

FUSSBALL IST DING, DANG, DONG.
ES GIBT NICHT NUR DING.

(Kick-Philosophie des einstigen FC Bayern-Trainers Giovanni Trapattoni)

Die aktuelle FC Bayern-Kolumne
von Jupp Suttner

Was für eine Spannung bei diesem eigentlich als Nebenbei-Match eingeplantem Spiel der Bayern gegen Wolfsburg! Der Gänsehaut-Thrill resultierte natürlich ausschließlich aus dem Fernduell mit Dortmund, dem bisherigen Leader. Jetzt, an diesem 9. März 2019, hatten die Bayern die Tabellenführung zurückerklommen – und man war dabei gewesen! An diesem denkwürdigen Tag – an dem sich zwar nichts entschied, der jedoch Bayern-Freaks so selig stimmte, als hätte ihr Team eben das Triple geschafft.

Der Gegner, Wolfsburg, gab natürlich de perfekt geeigneten Sparringspartner. „Ihr müsst das Tor wie eine Familie verteidigen!“, hatte VfL-Coach Labbadia vor ein paar Wochen seinen Mannen als eine Art Grundsatz-Credo eingeschärft. Und da Buno Labbadias Familie ja aus Italien stammt, konnte einem schon ein wenig schummrig werden ob dieser Aufforderung. Mussten die Bayern-Stürmer Lewandowski, Müller und Gnabry damit rechnen, dass in der Verteidigung der Wölfe grimmige Herren mit verspiegelten Sonnenbrillen und itaienischen Maßanzügen – ausgebeult nur an jener Stelle, wo die Halfter zu sitzen pflegen – im Strafraum auf sie warten würden?

Aber nein. Im Gegenteil: Es waren wahrlich keine bösen Mafiosi-Killer, die sich da den Münchner entgegen zu stemmen versuchten, sondern zwar durchaus gut gebaute, aber ausgesprochen nette, freundliche, sympathische und vor allem höfliche Menschen, die den ballführenden Bayern stets den Vortritt ließen: „Bitte NACH ihnen!“. Danke. 6:0 für den FCB.

Bruno Labbadia sollte ja eigentlich den Jürgen Klopp geben, war vorher irgendwo zu lesen gewesen. Wolfsburg sollte gegen die Bayern taktisch kicken wie Liverpool. Was der VfL auch tatsächlich tat. Allerdings wie die 3. Mannschaft der Reds.

„Wir sind jetzt da“, so Bayern-Trainer Kovac hinterher, „wo wir hin wollten. Auf Platz 1 – und da wollen wir auch bleiben.“ Aber es sei noch lange nichts entschieden. Zum Mittwochs-Match gegen Jürgen Klopps Liverpool: „Wir müssen Gas geben, dann können wir es schaffen.“

„Mit welcher Innenverteidigungs-Aufstellung?“, fragte ein Reporter in der Pressekonferenz. Kovac, sanft lächelnd: „Ich kann dem Jürgen nicht alles verraten.“ Kopfzerbrechen über den FC Bayern wird der ohnehin genügend haben.

Wobei die einzige wichtige Frage ohnehin lautet:

Wann ist endlich Mittwoch?

Nun – nur noch wenige Male schlafen.

Hoffentlich wachen alle Alten immer wieder auf.

Jupp Suttner

DING (super): Dass Bayern wieder Tabellenführer ist.

DANG (auch nicht schlecht): Dass Rafinha sich gut gegen Liverpool einspielen konnte für den dann gesperrten Kimmich.

DOOOOOONG (beruhigend): Dass der gleichfalls gesperrte Thomas Müller im Viertelfinale der Champions League dann ja wieder spielen darf – unter Löws Blicken, der sicher auf der Tribüne sitzen wird.

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