NUR DER HASS SCHEINT ZEITLOS

13.09.14  |  Bundesliga  |  FC Bayern – VfB Stuttgart  |  2:0

Es war Zeit. Was war es? Zeit war es. Für den Anpfiff. 15.30 Uhr. Die magischste Zeit eines normalen deutschen Samstags. Aber die Zeit, wenden immer mehr Philosophen ein, gebe es doch vielleicht gar nicht! Wie soll sie dann noch magisch sein? Eine neue Sinnieraufgabe für sie. Wer hingegen zum FC Bayern reist und dort um 15.30 Uhr an zu stoßen hat, kann das Denken einstellen, denn: Seit 41 Bundesliga-Heimspielen – welche um 15.30 Uhr begonnen hatten – waren die Münchner vor der VfB-Partie unbesiegt gewesen. 121 von 123 Punkten in jenen 15:30-Uhr-Matches. Die letzte Halbvier-Niederlage datierte aus dem September 2010 – ein 1:2 damals gegen Mainz.

Auf die Sekunde genau bis 15.30 Uhr wartete FIFA-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (46 Jahre, eine mittlere Zeit) aus Herne, bis er in sein trillerndes Instrument pfiff. Um 15.57 Uhr erzielte Mario Götze, seit einiger Zeit Weltmeister-Held für alle Zeiten, das 1:0, um 17.15 Uhr Franck Ribéry, der seine Zeit in der französischen Nationalmannschaft ablaufen ließ, das 2:0. Um 17:20 Uhr war die Angelegenheit – nach zwei Minuten Nachspielzeit – beendet und der FCB nunmehr 142 Mal in 15:30-Uhr-Heimbegegnungen unbesiegt.

Die Zeit zwischen An- und Abpfiff hatte gezeigt, dass die große Zeit des VfB in der Vergangenheit liegt. Im Gegensatz zu anderen Trainern in anderen Vereinen tickt Armin Vehs Uhr bei den Schwaben jedoch noch nicht. Ihm lässt man durchaus Zeit, für künftige gute Zeiten Neues zu konstruieren.

Beim FC Bayern hingegen scheint die Zeit der langen Pässe angebrochen – was angesichts von Könnern dieser Spielart wie Xabier Alonso, Jérome Boateng und Holger Badstuber für Entzückung bei den Fans des Rekordmeisters sorgt. Ach ja, Badstuber. Dessen Leidenszeit wähnte man für abgeschlossen – doch nun schon wieder verletzt. Für ihn kam Gianluca Gaudino (17) zu seinem zweiten Bundesliga-Auftritt, der so prima geriet, dass es vielleicht dereinst heißen wird, an jenem Tag (16.13 Uhr) begann bei Bayern und für ihn eine neue Zeit.

Ewig hingegen und damit sozusagen zeitlos scheint die Idee des Hasses. „Wir wollen keine Bayern-Schweine!“, brüllten sie in der Gäste-Kurve. Von „asozialen Schwaben“ geiferte es aus der Münchner Südkurve zurück, so laut, dass der Schwabe Hoeneß es bis in seine Zelle gehört haben mag. Ihm erscheint die Zeit zur Zeit sicher besonders lang und vermutlich wäre er froh, so es sie nicht gäbe Vielleicht ist er ja inzwischen zum Philosophen geworden.

Ab Ribérys 2:0, bei dem der Franzose den Stuttgartern davon gelaufen war, lief niemand mehr die Zeit davon. Und die Münchner Zuschauer machten sich auf den Weg im Bewusstsein, eine schöne Zeit erlebt zu haben. (Sie wissen ja nicht, dass es sie – also die Zeit, nicht sie, die Zuschauer – nicht gibt. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja auch die Zuschauer nicht und uns sowieso nicht.)

Jedenfalls war es nun Zeit, die Arena zu verlassen, was Autofahrern jedoch durchschnittlich 90 Minuten Zeit abnötigte, da man sich bei der lange Zeit zurück liegenden Verkehrsplanung für die Region rund um das Bayern-Raumschiff wohl zu wenig Zeit genommen hat, um zu Durchdachtheit zu gelangen.

Am Mittwoch treten die Bayern hier schon wieder auf, in der Champions League gegen Manchester City. Anpfiff: 20.45 Uhr. Wie lange die Münchner bei Partien dieser Anspielzeit nicht mehr verloren haben? Keine Ahnung. Und auch keine Lust, jetzt nach zu blättern. Zeit dazu hätten wir. Aber wir nehmen sie uns nicht. Sondern sinnieren während dieser Spanne lieber über den bayerischen Philosophen Helmut Zöpfl (77), der in einem seiner Werke bittet: „Geh weida Zeit – bleib steh’…“ , „Geh’ weiter, Zeit, bleib steh’n“.

Jupp Suttner

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