BAYERN GEWINNT DEN TITEL – UND KOVAC DIE KURVE

Niko Kovac küsste die Meisterschale und ballte Sekunden später die Faust zum Triumph. Hart und zart zugleich. Dann winkte er in die Südkurve, dem Kernstück der FC Bayern-Fans, die – wie bereits während des Spiels – Sprech-Chöre intonierten,

FC Bayern – Eintracht Frankfurt | 5:1 (1:0)

München, Allianz Arena, 18.05.2019

die des Gehuldigten Augen gerührt schimmern ließen: „Niii-koooo Ko-vac, Niiii-ko Ko-vac, Niiiiiiiiiiii-ko Koooo-vac…“

Der FC Bayern hat an diesem Tag den Meistertitel gewonnen – und Niko Kovac die Kurve. Die (an)erkannte, was es bedeutet, einen Neun Punkte-Rückstand aufzuholen und doch noch als Erster durchs Ziel zu gehen. Die (an)erkannte, dass Niko Kovac genau das ist, was man einen authentischen Menschen nennt, der ehrliche Arbeit abliefert. Und die (an)erkannte, dass dieser Coach mit seiner unaufgeregten Art vielleicht genau verkörpert, was der hollywoodeske FCB zwischendurch mal wieder benötigt.

FUSSBALL IST DING, DANG, DONG.
ES GIBT NICHT NUR DING.

(Kick-Philosophie des einstigen FC Bayern-Trainers Giovanni Trapattoni)

Die aktuelle FC Bayern-Kolumne
von Jupp Suttner

Einem solchen Mann die Papiere in die Hand zu drücken, können die Bayern-Bosse sich eigentlich nun zwar nicht mehr erlauben – so gut wie kein Fan würde es verstehen. Und auch Kovac selbst nicht. Der frisch Biergeduschte zeigte sich nach der Titeleroberung als „überzeugt davon, dass es weiter geht“ und sprach von „Informationen aus erster Hand“.

Doch sollte es beispielsweise am kommenden Samstag beim Pokalfinale in Berlin gegen RB Leipzig eine empfindliche Niederlage setzen, so dass es statt des Doubles nur ein „Eintel“ wird – dann kann sich trotz Meisterschale die gerade prall gefüllte Waagschale seiner Münchner Zukunft wieder blitzschnell leeren. Und bildete die hübsche Pointe, dass er außer Franz Beckenbauer der einzige ist, der mit dem FC Bayern Meister sowohl als Spieler wie auch als Trainer wurde, nur noch eine Nebensächlichkeit.

Natürlich ist Kovac für die Herbst-Krise des FC Bayern zuständig. Und ebenso natürlich auch für die Verzagtheit der FCB-Spielweise im Champions League-Rückspiel in München gegen Liverpool. Doch er ist eben auch dafür verantwortlich, dass die Münchner im Jahre 2019 so viele Bundesliga-Punkte sammelten wie kein anderes Team hierzulande. Was bedeutet:

Kovac hat aus seinen Herbstfehlern 2018 gelernt – und wird sie im Oktober/November 2019 nicht mehr wiederholen, so er denn dann noch Bayern-Trainer ist. Und unter Garantie hat er längst auch aus dem vermurksten Liverpool-Match ein sinnreiches Fazit gezogen. Kovac hat sozusagen ein Lehrjahr absolviert – und an dessen Ende ein Meisterstück abgeliefert. Dessen Tüpfelchen auf dem i der Pokalsieg wäre.

Doch auch ohne Cup-Gewinn – Kovac hat ein weiteres Jahr verdient. Die Samstags-Sprechchöre auf der Tribüne drückten dies deutlich aus. Sie erklangen auch wie zum Trotz gegenüber Bayern-Machern wie Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic, die seit Wochen ein klares Bekenntnis zu Kovac verweigern. Vielleicht sollten die beiden mal durchaus auf Volkes Stimme hören. Denn jene bildet bisweilen – zugegeben nicht immer – das berühmte Bauchgefühl, das unendlich oft die besten Entscheidungen trifft.

Und nicht zu unterschätzen:

Es lebt sich durchaus einfacher, wenn man weiß, dass man keine einsame Entscheidung gegen alle – sondern eine Entscheidung mit allen im Rücken getroffen hat.

Jupp Suttner

DING (super): Dass der FC Bayern zum siebten Mal hintereinander Deutscher Meister ist.

DANG (auch nicht schlecht): Der zu 100 % geglückte Robbery-Abschied aus der Münchner Arena.

DOOOOOONG (beruhigend): Dass Robben & Ribéry ja vielleicht auch beim Pokalfinale am nächsten Samstag in Berlin je ein Tor erzielen.

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