Ding, Dang, Dong – MIA HAMMA KOAN FADO

FC Bayern – Porto  |  6:1  |


DIE HEISSESTE BAYERN-NACHT DES JAHRES:

Fröttmaning. Bei München. 21. April. 2015. 19:37 Uhr. Die gesamte lawinenartige Anfahrt zur Allianz Arena stockt. Thrillerpfeifen. Stop-Signale. Blaulicht. Aufregung pur. Eine gesperrte Straße, die sonst immer offen ist. Kommt Putin? Oder Obama? Vielleicht sogar Seehofer? „Was ist los!?!“, entspringt ein wütender Logen-Geladener, der es eilig hat, zum Buffet zu gelangen, seinem Gefährt, „was soll dieser Scheiß!?!“.

Und schon erfahren wir es. Nicht Putin und auch nicht Obama zeichnen verantwortlich für das Chaos. Sondern, so ein Ordner: „Der Bus kommt.“

DER Bus. Das wichtigste Fahrzeug der Welt, bedeutsamer als Obamas Air Force One und Putins Motorrad-Gang zusammen. Der Bus mit den FC Bayern-Spielern. Schon gleitet er an uns vorbei. Niemand ist hinter den dunklen Scheiben zu erkennen. Schafkopfen die Spieler noch oder hören sie Pep zu? „Mit da Oidn“, sagt Müller. Aber ohne Rode – entscheidet Pep. Der Trainer verzichtet auf den besten Mann des letzten Matches! Noch 68 Minuten bis zum Anpfiff.

Aus dem Autoradio dringt das Interview mit einem Benifica-Fan. In Lissabon sei man fußballerisch grundsätzlich gegen die Kuttelfresser aus dem Norden. Aber heute halte man – als wahrer Portugiese – ausnahmsweise mal zu ihnen.

Ohne Rode! Manche Fans können es noch immer nicht glauben. Und schon der nächste Schock. Die VIP(Very important Presse)-Armbändchen für den Medien-Sektor werden heute ausgegeben in der Farbe – BLAU! Der Todfeind-Farbe eines jeden Bayern! 1860, Schalke, Chelsea – alle blau! Und wer noch? Genau: Porto.

20.44 Uhr. Die Champions League-Hymne ertönt.

https://www.youtube.com/watch?v=vJbg3Ur3FZc

Anschließend intoniert die Südkurve einen derart infernalischen Lärm, wie er vielleicht noch niemals in dieser Arena ertönte. Wer bis zu dieser Minute einen Fado schob – vergisst ihn angesichts (angeohrs) dieses urgewaltigsten Bayern-Roars aller Zeiten im Nu. Mia hamma koan Fado.

10. Minute: Pfosten Lewandowski.

14.: 1:0 Thiago.

22.: 2:0 Boateng.

27. 3:0 Lewandowski.

36.: 4:0 Müller.

40.: 5:0 Lewandowski.

Der Kollege neben uns tippt als Überschrift zu seinem Bericht in den Laptop:

EIN BISSCHEN BELO HORIZONTE

Wo Deutschland im WM-Halbfinale 5:0 gegen Brasilien führte. Wie schön für Dante. Jetzt lernt er die Sache einmal anders herum kennen.

Halbzeit-Fazit: Ohne Müller-Wohlfahrt laufen die Spieler einfach schneller. Aus dem Lautsprecher tönt Haindling:

BAYERN, DES SAN MIA.

Und wia.

https://www.youtube.com/watch?v=2u46SBmLh9o

69.: Aus der Nordwest-Kurve schallt ein Chor: Por!-to!-Por!-to! Respekt.

73.: 5:1 Jackson Martinez.

77.: Jackson Martinez fast das 5:2 – wird’s noch eng? Finale dahoam; Manchester 1999 – muss der Bayern-Anhang noch zittern?

Pep platzt nicht der Kragen, aber die Hose. Thomas Müller (später): „Er trägt sie natürlich immer verdammt eng.“

77.: Lewandowski fast das 6.1.

87.: Gelbrot für Portos Ivan Marcano nach Foul an Thiago.

88.: 6:1 Alonso.

22:37 Uhr – Schlusspfiff. „Müller, Müller, Müller an den Zaun“ fordern die Fans. Der seit diesem Abend erfolgreichste deutsche Champions League-Schütze (27 Treffer) der CL-Historie gehorcht und begibt sich via Megaphon in einen Dialog mit den Stehplätzen. Die Südkurve singt voller Enthusiasmus Humba Humba Tätärä.

(Wie letztes Jahr nach dem Pokalfinale in Berlin:)

Nun schalten auch wir unseren Laptop ein – und sehen was? Windows taucht statt im üblichen Blau plötzlich in Rot auf! Ein Virus? Festplatte kaputt? Ein FC Bayern-Hacker in unserem System? Egal. Die Farbe ist auf alle Fälle angesagt.

23:20 Uhr – Pep kommt zur Pressekonferenz. Und sagt als Erstes:

„Danke diese Spieler.“

Sowie:

„Taktik natürlich ist wichtig. Ach Kondition. Aber im Endeffekt wichtig ist die Mentalität.“ Und die sei bei seinen Kickern überragend. „Sie wussten, dass es nicht schön ist, am Freitag im Fernsehen die Auslosung sehen zu müssen.“ Ohne im Topf zu sein. „Danke für diese Spieler, dass wir leben.“

Wie war die erste Halbzeit?

„War gut.“ Vielleicht sagte Pep auch: „War gut!“. Auf keinen Fall sagte er supersupersuper.

Egal ob Punkt oder Ausrufezeichen – waren es nicht auf alle Fälle 45 Minuten Fußball in Perfektion?

„Nein. Wir können besser spielen. Wir hatten Ballverluste.“

Und in der zweiten Halbzeit?

„Da hat Porto das System gewechselt. Das war gefährlich. Wir müssen sofort lesen die Situation. In Champions League du kannst nicht ausruhen.“

Und jetzt?

„Jetzt ein, zwei Tage frei, dann versuchen Deutscher Meister zu werden.“

Letzte Frage: War Ihnen kalt am linken Bein, wo die Hose riss?

„Nein, es war heiß.“

Später fährt der Bus weg. Dieses Mal ohne etwelcher Aufgeplustertheit. Auch jener von Porto flieht fast lautlos durch die Nacht. 1:6. Keine besondere Ehre für Portugal eingelegt. Für die Hauptstädter sind sie nun wieder die Kuttelfresser aus dem Norden. Die an diesem Abend keine Chance besaßen gegen den Stern des Südens.

Jupp Suttner

DING (super): Humba Humba Tätärä statt Fado

DANG (auch nicht schlecht): Lewandowski. Thiago. Lahm. Und alle anderen.

DOOOOOONG (beruhigend): Dass Pep trotz Loch in der Hose nicht fror.

 

 

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FUSSBALL IST DING, DANG, DONG.
ES GIBT NICHT NUR DING.

(Kick-Philosophie des einstigen FC Bayern-Trainers Giovanni Trapattoni)

Die aktuelle
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von Jupp Suttner

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